Kebabweihnacht by Lale Akgün

Kebabweihnacht by Lale Akgün

Autor:Lale Akgün [Akgün, Lale]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik, Gegenwartsliteratur, Roman
ISBN: 3351033702
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2011-11-06T23:00:00+00:00


IRGENDWIE WAR DANN alles ganz schnell gegangen. Die Wut, die sein Vater mit seinen Worten über die Wohngemeinschaften ausgelöst hatte, hatte ihn zum Handeln getrieben. Alex, einer seiner Kumpels, der auch in einer WG wohnte, hatte beiläufig erzählt, dass bei ihnen ein Zimmer frei werden würde und dass sie jemanden suchten.

Am Tag nach dem Gespräch ging Umut schnurstracks auf Alex zu: »Wann wird denn das Zimmer bei euch frei?«

Alex schaute überrascht auf. »Es ist sehr kurzfristig, schon zum 1. Dezember. Deswegen finden wir ja auch niemanden so kurz vor Weihnachten.«

»Doch, mich!«

»Was? Du willst das Zimmer für dich?«

»Warum fragst du so doof? Willst du nicht, dass ich bei euch einziehe?«

»Doch schon, natürlich, aber ich hätte nie gedacht, dass du zu Hause ausziehst!«

»Warum nicht? Weil ich Türke bin?«

Alex wand sich. »Nein, doch, ich meine, bei euch ist ja irgendwie der Familienzusammenhalt doch so stark, dachte ich.«

»Irgendwie, dachtest du. Na ja, so unrecht hast du nicht, manches geht ein bisschen schwerer bei uns. Und wenn du es für dich behältst, verrate ich dir etwas: Ich werde zu Hause auch nicht ausziehen, ich werde bei euch zusätzlich einziehen.«

»Wieso das?«

»Weil es tatsächlich – jedenfalls in meiner Familie – schwer ist, zu Hause auszuziehen. Weil mein Vater der Meinung ist, dass Menschen, die sich eine eigene Wohnung nehmen, bevor sie verheiratet sind, nur unmoralische Absichten haben. Es gäbe nur unnötig Stress, wenn ich ausziehen würde, also ziehe ich bei euch ein, ohne zu Hause auszuziehen, die brauchen nicht zu wissen, dass ich noch ein Zimmer habe, verstehst du?«

Alex verstand. Noch am selben Abend stellte er ihn seinen beiden Mitbewohnern vor. Es gab vier Zimmer und eine gemeinsame Küche. Die Miete war erträglich, und so wurden die vier schnell handelseinig.

»Du wirst also nicht immer da sein«, stellte Jan noch einmal fest. »Das ist gar nicht schlecht, was die Benutzung von Bad und Toilette angeht.«

»Wie machen wir das denn mit dem Putzplan?«, fragte Marcel. »Ich meine, wenn du nicht immer da bist, wirst du auch nicht ein Viertel des anfallenden Putzens übernehmen wollen.«

»Ihr teilt mich einfach ein«, sagte Umut, »ich halte mich dann an die Putzpläne!«

»Na supi! Dann herzlich willkommen in der Bruchbude!«, sagte Marcel.

Als Umut die Wohnungsschlüssel in der Tasche spürte, konnte er es nicht fassen, dass sein Traum in Erfüllung gegangen war. Es war der 4. Dezember, der Tag der heiligen Barbara. Er ging feierlich in die Stadt und kaufte einige Kirschzweige, die er ins Wasser stellte, damit sie Heiligabend aufblühten. Die stellte er in sein völlig kahles Zimmer und überlegte, wie er es gestalten wollte. Das Zimmer war nicht schlecht geschnitten, mit einem großen Fenster und sogar einem Balkon. Übernachten würde er hier erst einmal nicht, also brauchte er vorerst auch kein Bett, sondern nur das, was aus diesem Zimmer ein echtes Weihnachtszimmer machen würde. Übermorgen, am Nikolaustag, wollte er seinen Mitbewohnern etwas Schönes in die Stiefel stecken, aber jetzt musste er erst einmal einkaufen gehen.

Umut war richtig glücklich. Sein Traum war wahr geworden, er hatte sein Zimmer, sein eigenes Zimmer, das er schmücken und gestalten konnte, so wie er es wollte.



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